Mit dem Rad zum See oder Abenteuer einer desorientierten Strohwitwe

Mein Tom verreist ja nicht gerne. Zumindest nicht, wenn ich nicht dabei bin. Doch nun hat er halt los gemusst in die Schweiz und mich alleine gelassen. Mit 9 DVDs und einer ganzen Reihe Ausflugsideen bin ich in die Strohwitwenwoche vom 04.-10. Juni gestartet. Habe mich in Straßencafés sitzen sehen und beim Shoppen. Gekommen ist es etwas anders, dank dem fantastischen Wetter und meinen Kollege-Pflichten. Doch zumindest von einem Ausflug kann ich berichten:

Ja, da nimmt Gabi ihr Rad und fährt schnell mal zum Strand des Lake Michigan, denkt Ihr Euch wahrscheinlich. Schön wäre es. Kilometermäßig sind es vielleicht 20 Kilometer einfach. Doch „einfach“ würde bedeuten: Immer der 2-spurigen Schnellstraße entlang. Das macht ja nicht wirklich Laune. Doch Fahrradwege Richtung Lake gibt es gar nicht und so hangle ich mich an Wohngebieten entlang. Um diese vor Durchgangsverkehr zu schützen, sind sie aber nicht miteinander verbunden, und da Amerika nicht ausreichend auf die radverrückte Gabi vorbereitet ist, haben die auch keine Radwegverbindungen. So muss man immer wieder auf die Hauptverkehrsstraße zurück und den Fußgängerweg entlang fahren. Auch, um die drei Highways auf dem Weg zu über/unterqueren. Fahrspaß sieht anders aus. Zumindest sind auf den Gehsteigen kaum Fußgänger unterwegs, doch ich überhole fünf Kinderwägen, einen motorbetriebenen Kindertruck und einen lesend laufenden Verrückten mit Strohhut und grell grünem Jackett. In Deutschland hätte ich auf irgendein Kunstprojekt getippt. Hier – naja, vielleicht sind die Amis einfach so 😉

Erst mal angekommen, habe ich den Strand in Highland Park fast ganz für mich alleine. Er bietet halbwegs schönen Sand, jedoch keinerlei Annehmlichkeiten wie Toiletten oder Eisstand. Baden ist an diesem Stück nicht erlaubt (Unterwasserströmungen) und vermutlich bleiben deswegen alle Amis fern. Ich genieße Ruhe, Möwengeschrei und den Lake, der heute wirklich wie das Meer wirkt und riecht. Aus den Schuhen geschlüpft und bequem auf meiner Decke hingeschmissen döse ich die nächsten Stunden vor mich hin.  Gestört nur von kleinmotorigen Flugzeugen, die Werbebanner hinter sich her ziehen und die Küste entlang fliegen sowie von gebräunten Sonnieboys auf Jetskies.

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Widerwillig reiße ich mich um halb vier los, schließlich muss ich wieder zurück und will ja nicht die gleiche Strecke wie hinwärts radeln. Der Heimweg wird zu einer Geduldsprobe. Ich finde mich ständig in Sackgassen und einmal sogar auf einer Highwayauffahrt wieder. Gott sei Dank geht gleich eine Abfahrt wieder ab so dass ich nicht mitten auf der Autobahn ausflippe, sondern erst nachdem ich wieder auf einem Radweg bin, der parallel zum See führt. Also Nord-Süd. Was mir nur begrenzt was bringt (ich muss Richtung Westen), aber zumindest kann ich mich eine zeitlang abreagieren, weil mich nicht ständig Ampeln oder Dreiräder ausbremsen. Irgendwann, als meine Verzweiflung den Höchstpunkt erreicht weil in meiner Karte einfach keine Verbindungsstraße aufgemalt ist, ich schon mächtig hungrig bin und grade erkenne, dass ich wieder Richtung OSTEN fahre – sehe ich die Rettung. Ein Starbucks-Café 😉  Einen Frappuchino später bin ich abgekühlt und ausgeruht. Auch mein Hirn funktioniert wieder und ich finde zumindest zur Hauptstraße zurück, die mich – keine Experimente mehr heute, danke – straight ahead (= auf direktem Weg) zurück in vertraute Gefilde bringt. Um sechs Uhr bin ich endlich daheim. Seit dem Morgenmüsli nichts gegessen und hundemüde, aber zufrieden. Und den Sonntag auch alleine gut verbracht. Ein Andenken hab ich auch mit heim gebracht. Meine Fußoberseite ist knallrot – Sonnenbrand, denn DORT hatte ich mich nicht eingeschmiert. Aua! 😉

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